Sieben Empfehlungen zum Aufbau einer Tagesstruktur

Viele Menschen erleben im Laufe Ihres Lebens eine oder mehrere Phasen, wo ihr gewohnter Lebensrhythmus aus dem Takt gerät. Dazu können zum Beispiel eine längere Arbeitslosigkeit oder ein monatelanger Krankenstand auf Grund körperlicher oder psychischer Erkrankungen zählen. Und auch Ausnahmesituationen, wie die Ausbreitung des Coronavirus und die damit verbundenen Schutzmaßnahmen, verändern den gewohnten Alltag gravierend.

Wie gelingt es in diesen Phasen, dass Sie eine (neue) Tagesstruktur aufbauen? Freilich ist dies eine sehr individuelle Sache und es gibt hier meiner Meinung nach kein Patentrezept. Allerdings können Ihnen vielleicht diese sieben Empfehlungen eine erste Orientierung bieten.

1. Zeit- und Schlafhygiene

Achten Sie auf einen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus und einen bewussten Umgang mit Zeit, Auch wenn Sie gerade keine oder weniger terminliche Verpflichtungen haben. Stellen Sie sich zumindest unter der Woche einen Wecker und stehen Sie möglichst zur gleichen Uhrzeit auf. Bedenken Sie dabei, dass der menschliche Körper im Durchschnitt sieben bis acht Stunden Schlaf pro Nacht benötigt.

Um einen möglichst erholsamen Schlaf zu haben, kann es hilfreich sein, die Zeit vor dem Einschlafen und auch die Zeit nach dem Aufwachen bewusst zu gestalten. Legen Sie Ihr Handy weg und sehen Sie davon ab, nochmal schnell Ihre „sozialen Netzwerk“ oder die Nachrichten zu checken. Greifen Sie stattdessen lieber zu einem interessanten Buch oder tun Sie Ihrem Körper mit Dehnungsübungen etwas Gutes. Denn elektronische Geräte, wie Smartphones und Tablets, strahlen sogenanntes „blaues Licht“ aus, dass unserem Körper signalisiert, wach zu bleiben. Zudem können das Lesen von Nachrichten oder Postings Grübeleien und Gedankenkreisen verstärken, was Sie dann möglicherweise noch zusätzlich wach hält.

Gönnen Sie Ihrem Körper und Ihrem Geist ebenso ein sanftes Aufwachen. Bleiben Sie nach dem ersten Augenaufschlag ruhig noch zehn Minuten liegen. Nehmen Sie Ihren Körper bewusst wahr, strecken Sie sich und gehen Sie auch innerlich in sich: Wie geht es mir im Moment? Wie erholsam war mein Schlaf? Was möchte ich aus dem heutigen Tag machen? Wofür bin ich dankbar?

2. Körperpflege und bewusste Kleidungswahl

Gerade wenn wir viel Zeit zu Hause verbringen, gewinnen die Jogginghose oder der Pyjama oftmals in der Kleidungswahl. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, sogenannte „Gammeltage“ einzulegen. Um jedoch mittel- bis langfristig eine Tagesstruktur aufzubauen, ist es wichtig, auch die Körperpflege und die Kleidungswahl zu berücksichtigen.

Reservieren Sie sich in der Früh und am Abend Zeit für die Körperpflege im Bad und führen Sie diese täglich durch. Dazu zählen unter anderem Duschen / Baden, Zähneputzen und ein regelmäßiges Händewaschen. Je nach Vorliebe und Bedarf gehören auch Rasur oder Make-Up dazu. Vielleicht könnten Sie dabei auch hin und wieder einen besonderen Wohlfühlmoment (z.B. Entspannungsbad, besondere Haarpflege, usw.) einbauen?

Wählen Sie zumindest unter der Woche bewusst Ihre Kleidung. Greifen Sie dabei zu Outfits, die Sie etwa in ein Büro oder ein öffentliches Lokal anziehen würden. Beispielsweise könnten Sie jeden Tag eine andere Farbe für Ihre Kleidungswahl in den Vordergrund stellen. Vielleicht entdecken Sie auch das eine oder andere Kleidungsstück in Ihrem Schrank, das Sie nach langer Zeit wieder einmal tragen möchten.

3. Definierte Mahlzeiten und regelmäßiges Trinken

Bei welchem Akkustand laden Sie Ihr Handy? Den meisten Menschen ist es wichtig, dass ihr Mobiltelefon stets genug Akku hat. Denn wir alle wissen, dass unser Smartphone nur mit genug „Saft“ funktioniert. Wieso stellen wir dann nicht auch sicher, dass unsere eigene Hardware, d.h. unser Körper, gut versorgt ist und genug Energie hat?

Das Wort Mahlzeit lässt es schon vermuten – Essen braucht wortwörtlich Zeit. Planen Sie in Ihrem Tagesablauf deshalb drei fixe Zeiten für Frühstück, Mittag- und Abendessen ein. Idealerweise liegen dazwischen jeweils rund fünf Stunden. Damit bieten Sie Ihrem Körper genug Spielraum, ein Hungergefühl zu entwickeln und anzuzeigen. Gleiches gilt natürlich auch für das Sättigungsgefühl, welches sich üblicherweise erst rund 20 Minuten nach der tatsächlichen Nahrungsaufnahme verzögert einstellt. Deshalb ist es ratsam, dass Sie mögilchst langsam und bewusst essen, anstatt beispielsweise im Gehen oder schnell mal zwischendurch. Außerhalb der definierten Mahlzeiten können Sie bei Bedarf auch auf Obst oder leichte Snacks wie Reiswaffeln und Nüsse zurückgreifen.

Noch viel wichtiger ist, dass Sie regelmäßig und über den Tag verteilt Trinken. Am besten und nach Möglichkeit Leitungswasser und abhängig von Ihrer körperlichen Statur rund 2 bis 3 Liter pro Tag. Bekanntlich ist ja all das aus unserem Sinn, was wir nicht vor Augen haben. Deshalb wäre es empfehlenswert, wenn Sie eine Wasserkaraffe und / oder ein vollgefülltes Glas immer in Sichtweite bereitstellen. Denn wenn Sie die körperlichen Anzeichen von Durst spüren, wie z.B. Kopfweh, zeigt Ihr Körper bereits an, dass sein „Akku“ in Bezug auf Flüssigkeit äußerst leer ist.

4. Neue Fähigkeiten lernen

Investieren Sie Ihre Zeit in die Weiterentwicklung Ihrer Stärken und Kompetenzen. Reservieren Sie sich dazu zwei bis drei Stunden am Tag. Lernen Sie in dieser Zeit eine neue Fähigkeit oder bauen Sie bestehende Kenntnisse aus. Was interessiert Sie? Eine Sprache? Eine Sportart? Ein Instrument? Eine bestimmte Qualifikation (Fachwissen, Computerprogramm, usw.) für Ihren nächsten oder aktuellen Job? Folgen Sie Ihrer Neugierde.

In vielen Fällen können Sie dies sogar von zu Hause aus umsetzen. Denn heute ist es recht einfach, über Online-Kurse die eigenen Stärken auszubauen oder neue Kompetenzen zu erwerben. Viele frei zugängliche und kostenlose Angebote können hier zumindest eine gute Grundlage sein – von allgemeinen Plattformen wie YouTube bis hin zu interessensspezifischen Foren. Überlegen Sie, ob Sie sich lieber eigenständig („autodidaktisch“) fortbilden möchten oder sich mit Gleichgesinnten in einem gemeinsamen Kurs (digital oder vor Ort) austauschen wollen.

Wichtig ist, dass Sie „dran“ bleiben. Es ist bekanntlich noch kein Meister bzw. keine Meisterin vom Himmel gefallen und ein hartnäckiges Üben gehört dazu. Hier könnte es hilfreich sein, sich Meilensteine zu überlegen: Was möchten Sie zum Beispiel nach einer Woche, einem Monat, drei Monaten und sechs Monaten erreicht haben? Schreiben Sie diese Ziele sichtbar auf. Zudem könnten Sie auch täglich notieren, welches Thema, Kapitel, Vokabular, Lied, usw. Sie sich heute genauer angesehen und vertieft haben. Somit erstellen Sie eine Art Lern-Tagebuch und können sich immer wieder vor Augen halten, was Sie schon alles gelernt und erreicht haben.

5. Ehrenamtliches Engagement

Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, ein Ehrenamt auszuführen? Jetzt wäre ein idealer Zeitpunkt dafür. Reservieren Sie sich beispielsweise fünf bis sieben Stunden pro Woche, d.h. durchschnittlich eine Stunde pro Tag, für ein ehrenamtliches Engagement. Das bringt Ihnen Vorteile in mehreren Hinsichten: neue Erfahrungen, neue Kontakte, Austausch mit Gleichgesinnten, ein zusätzlicher Inhalt für Ihren Lebenslauf und natürlich vor allem das gute Gefühl, anderen zu helfen und einen Beitrag in unserer Gesellschaft zu leisten. Wichtig ist, dass Sie auch hierbei Ihre Interessen und Stärken berücksichtigen.

Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren, gibt es viele. In Folge finden Sie eine exemplarische Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit und in beliebiger Reihenfolge:

Engagement bei Feuerwehr oder Rettungsdiensten, Erledigung von Einkäufen für Dritte (z.B. ältere Menschen in der Nachbarschaft), Hundesitting, Gastautorenschaft bei diversen Portalen (z.B. Mimikama) und Magazinen, Mitarbeit in Sozialmärkten oder Weltläden, Aktivismus für Umweltorganisationen, Sport-, Musik- und Museumsvereine, Team Österreich und so weiter.

Hilfreiche Links dazu sind:

6. Starten Sie Ihr Wohlfühlprogramm

Gönnen Sie sich täglich ganz bewusst Momente der Entspannung und des Wohlbefindens. Das mag in schwierigen Lebensphasen leichter gesagt als getan sein – und gerade deshalb ist es so wichtig, auch besonders wohltuende Elemente in Ihre Tagesstruktur einzuplanen.

Das kann ein Spaziergang in der Natur sein, ein interessantes Buch, das Sie gemütlich auf der Couch liegend lesen, ein Treffen oder ein ausgiebiges Telefonat mit einer Freundin oder einem Freund, ein wärmendes Bad oder eine bewusst lange Dusche, das langsame Genießen von einem Stück Schokolade, das Schauen von Ihrem Lieblingsfillm oder einer spannenden Serie, Yoga und Meditation, eine Tasse Tee, Kakao oder Kaffee und so weiter. Sie kennen sich selbst am besten und wissen bestimmt, was Ihnen gut tut. Nehmen Sie sich dafür täglich bewusst Zeit, idealerweise zu einer definierten und gleichbleibenden Uhrzeit und darüber hinaus auch gerne mal zwischendurch.

Falls Sie merken, dass sich Ihre Gedanken immer wieder im Kreis drehen oder Sie von Grübeleien und Sorgen geplagt sind, nehmen Sie sich 15 Minuten Zeit sowie einen Stift und Zettel. Bringen Sie zunächst Ihre Gedanken zu Papier. Am besten wäre, wenn Sie einfach drauf los schreiben – ohne innere „Zensur“ und frei von gestalterischen Vorgaben (z.B. Reihenfolge, Rechtschreibung). Das kann in Stichworten, ganzen Sätzen oder auch durch aufgezeichnete Symbole erfolgen. Alternativ können Sie Ihre Gedanken mit Hilfe der Sprachaufnahmefunktion Ihres Handys festhalten. Danach drehen Sie das Blatt Papier um (bzw. starten eine neue Sprachaufnahme) und notieren eigene Stärken (nach dem Motto „ich kann gut …“) sowie Menschen, Tiere, Dinge, Orte oder Aktivitäten, die Sie gerne haben und die Ihnen gut tun. In Folge überlegen Sie: Was davon könnte im Moment für mich hilfreich sein? Was oder wer könnte mir jetzt gut tun? Und wie lässt sich das umsetzen? Zum Abschluss könnten Sie auch noch eine Art „reinigendes Ritual“ durchführen, wie zum Beispiel das Gesicht oder Ihre Hände bewusst und vielleicht etwas länger als üblich zu waschen.

7. Wundermittel Bewegung

Bewegung ist für Menschen in jedem Alter gesundheitsfördernd und wirkt sich sowohl positiv auf unseren Körper als auch unsere Psyche aus. Für diese positive Wirkung erfordert es nicht gleich sportliche Höchstleistungen. Viel wichtiger ist, dass Sie Bewegung als festen Bestandteil in Ihren Alltag und in Ihre Tagesstruktur einbauen. Wortwörtlich erste Schritte dazu sind etwa Spaziergänge, das wiederholte Auf- und Abgehen in Stiegenhäusern und kleine Übungen für Zwischendruch: versuchen Sie zum Beispiel, während des Zähneputzens abwechselnd auf einem Bein zu stehen und die Balance zu halten.

Reservieren Sie sich pro Tag mindestens 30 Minuten für Bewegung. Freilich ist die konkrete Ausübung dieser Bewegungseinheit von Ihren räumlichen, finanziellen und körperlichen Möglichkeiten abhängig. Heute gibt es jedoch eine Vielzahl von Angeboten, die es Ihnen ermöglichen, auch zu Hause mit nur geringem Platzbedarf und oftmals sogar kostenlos in Bewegung zu kommen. Schauen Sie doch mal online, z.B. auf YouTube nach Trainings, Kursen oder Anleitungen. Viele dieser Angebote beruhen auch auf der Arbeit mit Ihrem eigenen Körpergewicht, somit brauchen Sie nicht mal ein spezielles Equipment.

Wenn möglich wäre es ideal die Bewegung im Freien durchzuführen. Denn zusätzlich zur körperlichen Betätigung versorgen Sie sich auch noch mit Frischluft und Vitamin D. Dieses ist unter anderem für die Knochen- und Muskelbildung und das Herz-Kreislauf-System wichtig.

Fazit

Wie zu Beginn erwähnt, sollen diese Empfehlungen eine Orientierung und Inspiration zum Aufbau Ihrer persönlichen Tagesstruktur sein. Natürlich spielen hier auch individuelle Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die familiäre Situation, eine Rolle. Ich hoffe dennoch, dass Sie sich von diesem Beitrag Anregungen mitnehmen können und nun konkrete Ideen für Ihre Tagesstruktur haben.

Achten Sie gut auf sich und Ihre Gesundheit!

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